Best Practice: Wir kochen auch anders

Kinder und Jugendliche machen heute immer seltener eigene Kocherfahrungen. Zuhause oder in Kita und Schule sehen sie ihr Essen meistens erst dann, wenn es vor ihnen auf dem Teller liegt. Gleichzeitig nehmen Krankheiten wie Übergewicht oder Diabetes Typ 2 auch bei Kindern und Jugendlichen zu. Auch in diakonischen Einrichtungen in der Kinder- und Jugendhilfe ist das ein zentrales Thema. Wie man auf diese Herausforderungen Antworten finden kann, zeigt eine Initiative in der Stephanus-Stiftung in Brandenburg.

„In den Wohngruppen kochen wir ja viel selbst“, sagt die Erziehungswissenschaftlerin und Betreuerin im Elisabethhaus der Stephanus-Stiftung für Kinder- und Jugendliche Denise Sawrthal-Kniesche. „Einkaufen im Bioladen können wir uns nur selten leisten“, sagt Sawrthal-Kniesche. Aber dass die Kinder und Jugendlichen auch diesen Unterschied kennenlernen, ist ihr wichtig. Denn das Budget für Lebensmittel in der Kinder- und Jugendhilfe ist begrenzt. Rund fünf Euro stehen pro Person und Tag zur Verfügung. Das ist eine Herausforderung für die Mitarbeitenden.

Zur Unterstützung ist daher die Ernährungsberaterin Julia Zichner von der Sarah Wiener Stiftung vor Ort. Zichner gehört zu Deutschlands größter Initiative „Ich kann kochen!“ für praktische Ernährungsbildung von Kita- und Grundschulkindern der Sarah Wiener Stiftung in Zusammenarbeit mit der BARMER Krankenkasse. In der Initiative werden Pädagogen und Erzieher von einem erfahrenen Trainerteam zu „Genussbotschaftern“ ausgebildet.

„Essgewohnheiten und Geschmack werden bei Kindern schon sehr früh angelegt“, sagt Julia Zichner. „Mein Auftrag ist, zunächst bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern das Bewusstsein für gesunde und nachhaltige Ernährung zu stärken.“ Das gestärkte Bewusstsein und die veränderte Grundeinstellung solle dann an die Kinder und Jugendlichen in den Wohnbereichen weiter gegeben werden. Zum Beispiel durch gemeinsames Einkaufen, Kochen und Essen.

So stehen beim Praxistag Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dicht gedrängt in der Küche der Einrichtung in Eggersdorf. Unter Anleitung von Julia Zichner schütteln einige Sahne so lange, bis daraus Butter wird und machen mit frischen Kräutern, Gewürzen und Vollkornbrot daraus delikate Appetithappen. Andere bereiten aus Möhren, Sellerie, Kürbis und Roter Beete, vegetarische Buletten zu. Fleisch gibt es an diesem Tag nicht und alle Lebensmittel haben Bioqualität.

In den Wohngruppen wird abends meist warm gegessen. Am Sonntagabend planen die Erzieherinnen und Erzieher mit den Kindern und Jugendlichen den Speisenplan der Woche. Dabei könne sich je nach Gruppenstärke jeder ein Essen für einen Tag der Woche wünschen. Begleitet von einem Erwachsenen ist dann jedes Kind bzw. jeder Jugendliche auch für den Einkauf und die Zubereitung verantwortlich.
„Die Erzieherinnen und Erzieher sollten mit eigenem guten Beispiel voran gehen“, sagt Julia Züchner. „Wenn sie mit innerer Überzeugung ganz entspannt vorleben, dass man aus frischen Lebensmitteln viele leckere Gerichte frisch zubereiten kann, lernen die Kinder und Jugendlichen schon sehr frühzeitig, ihren Geschmack auszuprägen“. Es sei wichtig, Kinder am Kochen teilhaben zu lassen und sie in die Abläufe zu integrieren.

Die Vision von Stiftungsgründerin Sarah Wiener ist eine Welt, in der sich alle Menschen verantwortungsbewusst, vielseitig und genussvoll ernähren - von klein auf und ungeachtet der sozialen Herkunft. Dieser Ansatz deckt sich auch mit dem Auftrag der diakonischen Stephanus Stiftung und der Mitarbeitenden vor Ort. Auch in Zukunft will der diakonische Träger die Kooperation weiter stärken und so zu gesunder Ernährung und Bildung bei Kinder und Jugendlichen beitragen.

Martin Jeutner, Stephanus Stiftung


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