"Ich musste lernen, im Zweifel das letzte Wort zu haben" | Fragen an Maike Henningsen

In der über 170-jährigen Geschichte der Mission Leben ist Maike Henningsen die erste Frau an der Spitze. Wie lief der Einstieg? Wir haben nachgefragt ...

Zur Person 

Maike Henningsen ist seit März 2023 Sprecherin der Geschäftsführung der Mission Leben in Darmstadt. Außerdem ist sie Vorstandsvorsitzende der Stiftung Innere Mission Darmstadt.

Seit rund einem Jahr sind Sie Sprecherin der Geschäftsführung der Mission Leben in Darmstadt. Wie war der Einstieg?

HENNINGSEN: Das erste Jahr war turbulent. Parallel zu meinem Wechsel zur Sprecherin der Geschäftsführung verließen zwei langjährige Geschäftsführer das Unternehmen und zwei neue kamen dazu. Das bedeutete viel Veränderung: für die Führungskräfte, weil sich mit neuen Personen auch neue Ideen und Arbeitsweisen etablieren, aber auch für das Geschäftsführungsteam, da wir erstmal verstehen mussten, wie wir ticken. Und dann kam noch dazu, dass wir – wie viele Unternehmen in der Altenhilfe – mit massiven wirtschaftlichen Herausforderungen zu kämpfen hatten.

"Ich finde es erschreckend, dass ..."

Welche Hauptziele wollen Sie in Ihrer neuen Funktion erreichen?

HENNINGSEN: Erstens: Mission Leben als ein sozial, ökologisch und ökonomisch nachhaltiges Unternehmen weiterentwickeln. Zweitens: Eine moderne Unternehmenskultur und -struktur aufbauen. Drittens: Immer den Fokus auf die von uns begleiteten Menschen richten     

In der über 170-jährigen Geschichte der Mission Leben sind Sie die erste Frau an der Spitze. Erleben Sie darauf besondere Reaktionen?

HENNINGSEN: Ich finde es erschreckend, dass das im Jahr 2024 immer noch so eine Besonderheit ist, wo doch 70 bis 80 Prozent der Mitarbeitenden in Sozialunternehmen weiblich sind. Ich falle als weibliche Führungsperson im Kreis der Diakonie immer noch auf, bekomme aber durchweg positive Resonanz. Und ich bin stolz darauf, bei der Mission Leben die erste zu sein, und dann auch noch als Nicht-Theologin.

"Was sagt sie und was sagt sie nicht?"

Sie arbeiten in einem Vierervorstand zusammen. Auf welche Dinge kommt es dabei besonders an? 

HENNINGSEN: Regelmäßige Verständigung über eine gemeinsame Haltung; Klare Aufgabenverteilung; Geeignete Austauschformate für inhaltliche Themen, aber auch für Themen der Zusammenarbeit.  
                                                                                                                                                               
Gibt es eine Sache, die Sie in der neuen Funktion lernen mussten?       

HENNINGSEN: Ich musste lernen, dass ich ganz anders beobachtet werde als vorher: was sagt sie und was sagt sie nicht? Wann grätscht sie rein und wann lässt sie es laufen? Und ja, ich musste lernen „dominanter“ zu werden und im Zweifel das letzte Wort zu haben.

"Das finde ich beeindruckend"

Welcher diakonischen Persönlichkeit wären Sie gerne persönlich begegnet?

HENNINGSEN: Ich beschäftige mich gerade sehr mit der Geschichte von Mission Leben, da wir dieses Jahr unser 175-jähriges Jubiläum feiern. Und da kommt man an Johann Hinrich Wichern nicht vorbei. Ihm wäre ich gerne mal begegnet, um diesen Spirit, den er damals verbreitet hat, direkt zu spüren.

Mit wem würden Sie gerne einmal den Arbeitsplatz tauschen?

HENNINGSEN: Ob ich tauschen würde, weiß ich nicht, aber Mäuschen wäre ich gerne mal bei Annalena Baerbock. Wie läuft so ein Tag bei ihr ab? Wie bekommt sie Familie und Beruf unter einen Hut und woher nimmt sie die Kraft, die echt gerade sehr herausfordernden Zeiten zu bestehen? Das finde ich sehr beeindruckend.

"Als Kind wollte ich ..."

Welcher Spruch oder welches Zitat kommt Ihnen häufiger über die Lippen?

HENNINGSEN: Auf meinem Schreibtisch steht gerade die Karte mit dem Spruch: „Weniger reden, mehr machen“.

Mozart oder Taylor Swift?

HENNINGSEN: Musikmäßig bin ich sehr breit aufgestellt: ich liebe und mache klassische Musik, habe aber genausoviel Freude an tanzbarer, rhythmischer Musik in vielen Facetten.

Wenn es Ihren Beruf nicht gäbe, welchen hätten Sie dann?

HENNINGSEN: Ich kann mir tatsächlich keinen besseren als meinen jetzigen für mich vorstellen, aber als Kind wollte ich immer Floristin werden, weil ich Blumen und die Natur sehr liebe. 

VdDD-Magazin "diakonie unternehmen"

Dieser Text stammt aus dem VdDD-Mitgliedermagazin "diakonie unternehmen" 1/24, das VdDD-Mitgliedern kostenfrei zur Verfügung steht.