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Kompetenzzentrum Digitalisierung – "Wir brauchen belastbare Empfehlungen"

Die Gründung des Kompetenzzentrums für Digitalisierung und Pflege ist ein wichtiger Schritt. Jetzt muss das Zentrum in der Praxis wirksame Grundlagenarbeit leisten

2024 ist das „Kompetenzzentrum Digitalisierung und Pflege“ gestartet, um die technologische Entwicklung in den Pflegeeinrichtungen voranzubringen. Mit dem Zentrum und seiner Verankerung im Sozialgesetzbuch hat die Bundesregierung eine der Kernforderungen des Verbändebündnisses Digitalisierung in der Pflege aufgegriffen. Das vom VdDD mitbegründete Bündnis würdigte diesen Schritt mit einer Austausch- und Festveranstaltung am 11. September 2024 in Berlin. „Pflegekräfte befähigen, entlasten und unterstützen“

Martin Schölkopf, Leiter Abteilung Pflegeversicherung und -stärkung im Bundesgesundheitsministerium, betonte in seinem Grußwort: Digitalisierung kann Pflegende und Pflegebedürftige maßgeblich befähigen, entlasten und unterstützen. Schölkopf erläuterte anhand von Statistiken, wie sich der Personalmangel angesichts der steigenden Zahl an Pflegebedürftigen in den kommenden Jahrzehnten zu verschärfen droht. Digitale Lösungen könnten helfen, den absehbaren Mehrbedarf an Pflegekräften zu lindern – in welchem Umfang sei aber noch weiter zu erforschen. Für diese digitale Kompensation bedürfe es einer ergänzenden gesetzlichen Regelung. Wann mit dieser zu rechnen ist, ließ Schölkopf allerdings offen. Mit Blick auf die Refinanzierung digitaler Investitionen verwies Schölkopf auf die Zuständigkeit der Bundesländer.

„Wir brauchen belastbare Empfehlungen“

Schölkopf würdigte den Impuls des Verbändebündnisses, ein Kompetenzzentrum einzurichten. Den Bedarf nach einer solchen Einrichtung habe man im Ministerium schnell anerkannt – Zitat: „Gut, dass es das Bündnis gibt.“. Das Zentrum werde insbesondere digitale Potenziale in der Langzeitpflege analysieren und evaluieren, Empfehlungen entwickeln und den Wissenstransfer unterstützen. 

Rolf Baumann, stv. VdDD-Geschäftsführer und Bereichsleiter Ökonomie, formulierte für das Bündnis die Erwartung, dass das Zentrum „die dicken Bretter bohrt“ und wichtige Grundlagenarbeit leistet. Es müsse zum Beispiel mit den relevanten Akteurinnen und Akteuren erarbeiten, welche digitalen Bausteine in der Pflege prioritär einzuführen und zu refinanzieren sind. Gefragt seien belastbare Handlungsempfehlungen für eine nutzenstiftende, umsetzbare und finanzierbare Weiterentwicklung der Digitalisierung. 

Angesiedelt ist das Kompetenzzentrum bei der Forschungsstelle Pflegeversicherung des GKV-Spitzenverbands, die sich bereits mit diversen Zukunftsfragen der Pflege befasst, beispielsweise mit der neuen Personalbemessung und der Telepflege. In seinem Grußwort riet der Leiter der Forschungstelle, Eckart Schnabel, dazu, Bereiche in den Fokus zu nehmen, in denen die Digitalisierung schnelle und grundlegende Verbesserungen für die Pflege verspricht, dies seien insbesondere die Kernprozesse, beispielsweise die Dokumentation und Abrechnung von Pflegeleistungen. 

Knackpunkt Refinanzierung
Das Bündnis setzt sich seit seiner Gründung für eine adäquate Refinanzierung digitaler Investitions- und Betriebskosten in der Pflege ein und hat hierzu eigene Vorschläge gemacht. Bisher sehen weder die Landesrahmenverträge noch die einzelnen Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen noch die Investitionskostenbeträge explizit Digitalisierungsaufwendungen vor.

Baumann betonte, konkrete Vereinbarungen seien aber zwingend notwendig, wenn der Digitalisierungsgrad in den Einrichtungen künftig auf das erforderliche Niveau steigen soll. „Sparsamkeit im Wortsinne, nämlich das Vermeiden von Digitalisierungskosten ist keine gute Strategie, denn damit wird die Digitalisierung als Lösungsbaustein zur Bewältigung des steigenden Bedarfs und des Arbeitskräftemangels ausfallen“, so Baumann.

Lazarus Haus: Einblicke in die Praxis
In einem weiteren Statement schilderte Thordis Eckhardt, Geschäftsführerin des ebenfalls zum Bündnis gehörenden Digitalverbands FINSOZ, wie die Einbindung der Pflegeeinrichtungen in die Telematikinfrastruktur (TI) aktuell noch stockt. Pflegeheime müssen bis zum 1. Juli 2025 die Voraussetzungen zum Anschluss an die TI erfüllen – was in vielen Fällen knapp werden dürfte. Anna Leonhardi, Geschäftsführerin des Deutschen Evangelischen Verbandes für Altenarbeit und Pflege (DEVAP), thematisierte unter anderem ethische Aspekte des Technologieeinsatzes in der Pflege.

Die Veranstaltung fand im Pflegezentrum Lazarus Haus der Hoffnungstaler Stiftung Lobetal in Berlin statt, das nicht nur stationäre Pflegeplätze bietet, sondern auch eine Pflegeschule und ein Hospiz beheimatet. In Rundgängen erläuterten Mitarbeitende, welche Rolle die Digitalisierung für die tägliche Arbeit spielt. In den Gesprächen wurden die Chancen digitaler Lösungen deutlich, aber auch die Notwendigkeit geeigneter Rahmenbedingungen bei der Einführung und Nutzung.

Über das Verbändebündnis "Digitalisierung in der Pflege"
Um die Digitalisierung auch in der Pflege in Deutschland voranzubringen, haben sich Verbände aus dem Sozial-, Pflege- und Gesundheitswesen im Jahr 2020 zum Bündnis "Digitalisierung in der Pflege" zusammengeschlossen.

Zum Bündnis gehören:
•    Bundesverband Gesundheits-IT (bvitg e. V.)
•    Care for Innovation  – Innovation pflegen e. V.
•    Deutscher Evangelischer Verband für Altenarbeit und Pflege (DEVAP e. V.)
•    Deutscher Pflegerat (DPR e. V.)
•    Fachverband Informationstechnologie in Sozialwirtschaft und Sozialverwaltung (Digitalverband FINSOZ e.V.)
•    Verband für Digitalisierung der Sozialwirtschaft (vediso e. V.)
•    Verband diakonischer Dienstgeber in Deutschland (VdDD e. V.)
•    Verband katholischer Altenhilfe in Deutschland e. V. (VKAD).
 

 

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