Soziale Milchwirtschaft aus Tradition

Ob zum Frühstück, Nachtisch oder einfach Zwischendurch – ein gekühlter Joghurt mit leckeren Früchten geht immer. Wird er dann noch aus regionalen und Bio-Zutaten hergestellt und umweltfreundlich verpackt, gehen Nachhaltigkeit und Genuss Hand in Hand. Doch die Lobetaler Bio-Molkerei im brandenburgischen Biesenthal setzt an dieser Stelle noch einen drauf: Sie verbindet ökologische Anliegen mit sozialen Aspekten. Denn in der Bio-Molkerei, einem Betriebszweig der Hoffnungstaler Werkstätten gGmbH, arbeiten 26 Menschen mit Behinderung und produzieren gemeinsam mit Menschen ohne Behinderung täglich verschiedene Bio-Milchprodukte.

Jährlich werden so ca. 2,1 Mio. Liter Bio Vollmilch verarbeitet. Das entspricht 4,2 Mio. Joghurtbechern pro Jahr, 400.000 Litern Trinkmilch sowie 35.000 Bechern Quark. Zwei Drittel der benötigten Bio-Milch liefern die rund 200 Kühe der Hoffnungstaler Stiftung Lobetal an den Standorten Lobetal und Dreibrück in Brandenburg. 2009 wurde die Landwirtschaft auf Bio umgestellt und folgt seitdem den Richtlinien des Naturlandverbandes. Dabei stehen nachhaltiges Wirtschaften, praktizierter Natur- und Klimaschutz sowie der Schutz des Verbrauchers im Mittelpunkt. Jährlich wird ein Umsatz von rund 3,5 Mio. erzielt.

Den größten Anteil der Produktion nimmt der „Lobetaler Bio-Joghurt“ ein. Der typisch grüne Becher besteht aus einem ganz bestimmten Materialgemisch, mit dem der Kunststoff-Einsatz im Vergleich zu herkömmlichen Bechern um die Hälfte reduziert wird. Auf Aluminium wird zudem ganz verzichtet.  Die grünen Becher sind aus den Kühlregalen in Berliner und in Brandenburger Supermärkten seit 2010 nicht mehr wegzudenken. Die Region gehört mit 80% zum wichtigsten Absatzmarkt. Doch auch in Hamburg, Sachsen und Thüringen findet man die Produkte des diakonischen Unternehmens in den Supermarktregalen. Täglich werden 13.000 Becher ausgeliefert. So steht in vielen Haushalten, Hotelküchen oder Bürokühlschränken stets auch ein Teil diakonischen Sozialunternehmertums.

Die Idee, eine Molkerei als Arbeitsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen aufzubauen, entstand im Jahr 2007. Der erste Joghurt rollte dann drei Jahre später vom Band. Der Mut, etwas Neues zu wagen und mit dieser ungewöhnlichen, „sozialen Form der Milchwirtschaft“ zunächst unvertrautes Terrain zu betreten, führt die Tradition der Hoffnungstaler Stiftung Lobetal fort. „Menschen mit Behinderungen binden wir entsprechend ihren individuellen Fähigkeiten ein. Gleichzeitig haben wir durch nachhaltige Unternehmensführung stabile Beschäftigungsverhältnisse geschaffen“, so Geschäftsführer Ludwig Pagel. Auch sind berufliche Perspektiven damit verbunden. Pagel ergänzt: „Drei Mitarbeiter haben den Weg auf einen ausgelagerten Arbeitsplatz gefunden. Alle drei Beschäftigten haben wir zu Lagerarbeitern mit Führerscheinen für elektrische Flurförderfahrzeuge befähigt.“
 
Bereits der Gründer der Hoffnungstaler Stiftung Lobetal, Pastor Friedrich v. Bodelschwingh, prägte im 19. Jahrhundert den Ansatz soziale Verantwortung in wirtschaftliches Handeln zu integrieren.  Für Bodelschwingh war Teilhabe durch Arbeit ein zentrales Anliegen, das heute wie damals uneingeschränkt auch für Werkstätten gilt.

Zum Selbstverständnis der Lobetaler Bio-Molkerei gehört es, dass in den gesamten Produktionsprozess Menschen mit Behinderungen entsprechend ihren Fähigkeiten eingebunden sind. "Der Dreiklang von Teilhabe, Ökologie und Nachhaltigkeit in Natur und Wirtschaft erfüllt auch heute unseren diakonischen Auftrag, verantwortungsbewusst unternehmerische Lösungen für Menschen mit Unterstützungsbedarfen und die gesamte Gesellschaft zu entwickeln. Auf dieser Grundlage wollen wir auch in Zukunft weiterarbeiten und entwickeln derzeit eine neue Produktserie Frucht- und Kräuterquarks“, berichtet Reinhard Manger, Bereichsleiter der Molkerei.

Die Hoffnungstaler Werkstätten gGmbH (Anerkannte Werkstatt für behinderte Menschen) bietet rund 940 Menschen mit Behinderung an acht Standorten in Brandenburg einen Arbeitsplatz. Davon über 800 Plätze im Arbeitsbereich, 83 Plätze im Berufsbildungsbereich und 49 Plätze im Förder- und Beschäftigungsbereich.
Die Beschäftigten der Hoffnungstaler Werkstätten sind tätig in den ArbeitsfeldernLobetaler Bio-Molkerei

  • Bio-Gartenbau
  • Landschaftsgärtnerei
  • Barnimer Baumschulen Biesenthal
  • Zierpflanzenbau
  • Dienstleistungen
  • Industriefertigung
  • Event-Gastronomie

Der Förder- und Beschäftigungsbereich der Werkstätten bietet Menschen mit Behinderungen, die nicht oder noch nicht werkstattfähig sind, Teilhabe am Arbeitsleben.  Im Berufsbildungsbereich erhalten Menschen mit Behinderung berufliche Bildung in verschiedenen Arbeitsfeldern. Hauptstandort der Werkstätten ist Biesenthal.

 

Die Hoffnungstaler Stiftung Lobetal zählt zum Verbund der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel. Im Jahr 1905 als Arbeiterkolonie "Hoffnungstal" errichtet, bieten die Einrichtungen der Hoffnungstaler Stiftung Lobetal heute in vier Bundesländern ein breites Spektrum diakonischer Angebote und sozialer Dienstleistungen in den Bereichen Eingliederungshilfe, Altenhilfe, Lazarus Hospiz, Suchthilfe, Kinder- und Jugendhilfe, Migration, medizinische Angebote, Werkstätten und Betriebe, Dienstleistungen und Ausbildung in Sozialberufen an den Standorten Berlin, Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt.

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