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Diakonie und Robotik – (k)ein Gegensatz?

Etwa 1,20m hoch, mit Greiffingern, einem Display, Lautsprechern, zahlreichen Sensoren und einer warmen männlichen Stimme ausgestattet – steht LIO, der Assistenzroboter der Schweizer Firma F&P Robotics, im sonnendurchfluteten Flur der AGAPLESION Pflegeeinrichtung Bethanien Havelgarten. Der manchmal von der Seite an einen mechanischen, orangenen Schwan erinnernde Roboter erzählt Witze, spielt mal klassische Musik - mal Schlager - und reicht den Bewohnerinnen Kekse und Obst.

In der Pflegeeinrichtung in Berlin testet der christliche Gesundheitskonzern erstmals den Einsatz von Robotik in der direkten Interaktion mit Pflegebedürftigen und Mitarbeitenden. In dem rund sechs Monate dauernden Pilotprojekt steht die Frage im Vordergrund, wo LIO eine Entlastung sein kann und in welchen Bereichen, man auf seine Unterstützung verzichten will.

So beobachtete man in der jüngeren Vergangenheit, dass Menschen aufgrund der Regelung „ambulant vor stationär“ deutlich später ins Pflegeheim kommen. Sie sind so auf mehr Pflege und Unterstützung angewiesen als dies noch vor wenigen Jahren der Fall gewesen war. Zugleich werde es immer schwieriger, neue Fachkräfte zu gewinnen.

„Die Diakonie befindet sich in einem steten Wandel. Die Digitalisierung und ein ethisch verantwortlicher Einsatz von Robotik kann dazu beitragen, dass Pflegekräfte sich gezielter auf ihre Aufgaben konzentrieren können und mehr Zeit für die Bewohnerinnen und Bewohner haben“, so der Unternehmenssprecher Andreas Wolff.

In einem vom AGAPLESION Innovationsmanagement geleiteten Ethikworkshop - besetzt durch hauseigene Leitungs- und Pflegekräfte, eine Pastorin, Bewohnerinnen, Ehrenamtliche und dem technischen Partner F&P Robotics – wurden der Rahmen und die Aufgaben vom Roboter abgesteckt. Er soll weder pflegerische noch medizinische Aufgaben übernehmen, sondern unterhalten, Essen anbieten sowie Bewohnerinnen und Bewohner begleiten. LIO soll tatsächlich nur Assistenz sein und keine menschliche Nähe ersetzen. Auch das Thema Datenschutz ist zentral. Der Roboter wird nur durch bewusste Aktivierung gestartet. So hört LIO nicht die ganze Zeit zu und zeichnet auch nicht auf - wie die bekannten Smart Speaker Alexa und Siri. Er muss am Kopf gedrückt werden, um aktiviert und gestartet zu werden. Ein wichtiges Anliegen der Projektteilnehmenden.

Die Bewohner reagierten liebevoll beim ersten Einsatz des Roboters. Streicheleinheiten und Neugier waren groß, bedeutet LIO vor allem auch Abwechslung im Alltag. Auch im weiteren Projektverlauf gingen einige Bewohner direkt in die Interaktion und ließen sich zum Beispiel Musik vorspielen. Andere stellen klar, dass sie dem Einsatz nur bis zu bestimmten persönlichen Grenzen – wie der eigenen Zimmertür – zustimmen. „Doch auch das gehört dazu. Nicht jeder ist begeistert von Technik und die Bewohner sollen aktiv den Aufgabenbereich des Roboters mitgestalten können“, betont die Pflegedienstleitung im Havelgarten Marina Koschenz.

Auch die Mitarbeitenden reagierten positiv und zeigten sich gespannt, was der Roboter leisten könne. Gab es am Anfang noch Skepsis, wich diese im Laufe der Zeit. „Der Einsatz von LIO baut Berührungsängste auf allen Seite ab und kann helfen, die Sorgen vor dem digitalen Wandel abzubauen“, so Pastorin Birgit Fahnert.
Doch kein technisches Vorhaben ohne Hürden. Damit LIO in der Einrichtung ohne Probleme agieren kann, musste zunächst das WLAN in der Einrichtung neu aufgesetzt werden. Zwar gab es auch zuvor Internet im Haus, doch der Roboter benötigt eine deutlich stärkere Netzleistung, um einwandfrei zu funktionieren. Auch der Teppichboden auf den Fluren der Einrichtung wurde zu einem nicht einkalkulierten Hindernis.

„LIO soll perspektivisch die Bewohnerinnen und Bewohner von einem Ort im Haus zum nächsten begleiten, doch der Teppich im Flur, behinderte einen flüssigen und stabilen ‚Gang‘ “, so Alina Gasser von F&P Robotics. „Das Problem konnten wir beheben. Doch die aktive Begleitung durch LIO von einem Ort zum anderen ist noch eine Herausforderung vor der wir stehen. Der Assistenzroboter muss noch weiter angepasst werden, um auf die unterschiedlichen Geschwindigkeiten und Stabilitäten beim Gehen der Bewohnerinnen und Bewohner reagieren zu können. Die Sicherheit der Pflegebedürftigen steht hier im Vordergrund.“

Viele Anpassungen wie die Lautstärke am Roboter zu optimieren, sodass Bewohnerinnen und Bewohner sowie Mitarbeitende ihn gut verstehen können, sei in Rücksprache mit dem technischen Partner vor Ort gelöst worden. „Doch LIO muss noch viel lernen. Das sage ich auch immer zu den Bewohnern. Er ist wie ein kleines Kind, das viele kleine Schritte machen muss bis es fest und sicher laufen und kommunizieren kann“, so Pflegedienstleitung Marina Koschenz.

Warum Diakonie und Robotik also keine Gegensätze sind, erläutert Pastorin Fahnert: „Eine christliche Ausrichtung und das diakonische Selbstverständnis bedeuten auch offen zu sein, für die Dinge, die die Welt hervorbringt – egal ob es das Internet, Tablets oder Assistenzroboter sind. Der technische Fortschritt ist nicht aufzuhalten. Es gehört zur Verantwortung eines Christenmenschen auf die Veränderungen zu reagieren und diese aktiv mitzugestalten. Anderen das Feld und die Gestaltung der Zukunft zu überlassen, ist keine Lösung.“



Zu AGAPLESION gehören bundesweit mehr als 100 Einrichtungen, darunter 23 Krankenhausstandorte mit über 6.300 Betten, 38 Wohn- und Pflegeeinrichtungen mit über 3.000 Pflegeplätzen und zusätzlich 885 Betreuten Wohnungen, vier Hospize, 34 Medizinische Versorgungszentren, 16 Ambulante Pflegedienste und eine Fortbildungsakademie. Darüber hinaus bildet AGAPLESION an 15 Standorten im Bereich Gesundheits- und Krankenpflege aus. Mehr als 19.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sorgen für eine patientenorientierte Medizin und Pflege nach anerkannten Qualitätsstandards. Pro Jahr werden über eine Million Patienten versorgt. Die alleinigen Aktionäre der AGAPLESION gAG sind verschiedene traditionsreiche Diakoniewerke und Kirchen. Auch durch diese Aktionäre ist die AGAPLESION gAG fest in der Diakonie verwurzelt und setzt das Wohl ihrer Patienten, Bewohner und Mitarbeitenden als Maßstab für ihr Handeln.

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