PRESSEMITTEILUNG | Bisher geplante Umsetzung der EU-Vergaberichtlinie schadet der Sozialwirtschaft

Qualität der Versorgung muss im Mittelpunkt stehen, nicht die reine Kostenbetrachtung

„Gut gemeint, ist nicht immer gut gemacht“, fasst Thomas Eisenreich, Geschäftsbereichsleiter Ökonomie beim Verband diakonischer Dienstgeber in Deutschland e.V. (VdDD) die Vorschläge für die Umsetzung der neuen EU-Vergaberichtlinie für die Sozialwirtschaft zusammen. 

Die EU-Vergaberichtlinie dient der Realisierung des gemeinsamen europäischen Binnenmarktes und soll die Chancengleichheit von Unternehmen aus den EU-Ländern bei der Vergabe öffentlicher Aufträge fördern. Die neue EU-Richtlinie, die seit April 2014 in Kraft ist, sieht für soziale Unternehmen einige Ausnahmen vor. So können bei der Ausschreibung für soziale Dienste bestimmte Aspekte, z.B. die Beschäftigung von Langzeitarbeitslosen oder die Integration von behinderten Menschen, gefordert werden. Es ist zudem möglich, unter bestimmten Voraussetzungen eine europaweite Ausschreibung zu vermeiden. Dies soll dazu dienen, den spezifischen Anforderungen und Finanzierungswegen sozialer Dienstleister in den unterschiedlichen Staaten Rechnung zu tragen. Die neue Regelung, die derzeit in nationales Recht umgesetzt wird, gilt jedoch erst für Aufträge mit einem Volumen von mehr als 750.000 Euro. 

Dieser Wert ist für die Anbieter sozialer Dienstleistungen zu hoch angesetzt, wie eine Umfrage des Verbandes diakonischer Dienstgeber in Deutschland e.V. (VdDD), des Bundesverbandes evangelische Behindertenhilfe (BeB), der Diakonie Deutschland und des Brüsseler Kreises zeigt. 94 Prozent der Aufträge, die von den Umfrageteilnehmern angenommen werden, liegen unterhalb des neuen Schwellenwertes der EU-Vergaberichtlinie von 750.000 Euro.  

Für Aufträge unterhalb dieses Schwellenwertes würde zukünftig ausschließlich die deutsche Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen (VOL) gelten. Diese ist fokussiert auf eine Kostenbetrachtung und nicht auf Qualitätskriterien. „Die von der EU angestrebte Ausrichtung auf die Besonderheiten sozialer Dienste und die Belange der Klienten läuft damit auf der deutschen Ebene ins Leere“, so Thomas Eisenreich. 

Die diakonischen Verbände sowie der Brüsseler Kreis appellieren deswegen an die Gesetzgeber auf Bundes- und Landesebene, die Anwendung der Sonderregelungen für soziale Dienstleistungen auch unterhalb des neuen Schwellenwertes sicherzustellen. Die Umsetzung der EU-Vergaberichtlinie soll am 1. Oktober 2015 im Bundeskabinett beraten werden.

Öffnen Sie hier die Pressemitteilung als pdf-Datei.

Öffnen Sie hier die Stellungnahme als pdf-Datei.