Diakonische Unternehmen
Erklärvideo: Was sind diakonische Sozialunternehmen? | 2 Minuten | VdDD 2024
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... diakonische Einrichtungen bieten in Deutschland soziale Dienste an.
Quelle: Einrichtungsstatistik der Diakonie Deutschland | 2023
Was diakonische Unternehmen bieten ...
Kitas
Altenpflege
Krankenhäuser
Werkstätten
Beratungsstellen
Inklusionsbetriebe
Obdachlosenhilfe
Frauenhäuser
Geflüchtetenhilfe
Reha-Einrichtungen
Ambulante Dienste
Was diakonische Unternehmen ausmacht ...
Diakonische Einrichtungen verbindet ihr evangelisches Profil. Sie sind gemeinnützig und zugleich unternehmerisch tätig. Als Teil des „Dritten Sektors“ und der „Freien Wohlfahrtspflege“ übernehmen sie Aufgaben des Sozialstaates. Wir erklären die Besonderheiten Schritt für Schritt.
Als Diakonie versteht man insgesamt die soziale Arbeit der evangelischen Kirchen. Dazu zählt auch die Gesundheitsversorgung.
Der gemeinsame Auftrag wird oft als „gelebte Nächstenliebe“ beschrieben. Das Wort „Diakonie“ kommt aus dem Griechischen und bedeutet Dienst. Gemeint ist damit der Dienst am Menschen. Ein biblisches Vorbild ist der barmherzige Samariter, der spontan Hilfe leistet, als jemand in Not ist.
Die christliche Prägung zeigt sich bis heute in den Begriffen. Arbeitnehmer werden in Kirche und Diakonie Dienstnehmer genannt. Arbeitgeber heißen Dienstgeber. Es geht um den gemeinsamen Dienst am Nächsten. Das heißt nicht, dass alle Mitarbeitenden evangelisch sein müssen. Hauptsache, sie fühlen sich mit der diakonischen Arbeit verbunden. Manche Tätigkeiten setzen natürlich den Glauben voraus, etwa die als Diakonie- Pfarrerin.
Nicht alle diakonischen Organisationen tragen das Wort „Diakonie“ auch im Namen – so wie die Johanniter Unfallhilfe oder das Christliche Jugenddorfwerk Deutschland (CJD). Allerdings haben sie sie sich gemeinsam als Diakonie organisiert. Sie sind Mitglieder von Landesverbänden, den diakonischen Werken. Der Dachverband ist die Diakonie Deutschland mit Sitz in Berlin. Als einer der großen Wohlfahrtsverbände setzt sich die Diakonie Deutschland auch politisch für Menschen ein, die auf Hilfe angewiesen oder benachteiligt sind. Darüber hinaus vertreten verschiedene Fachverbände die Interessen diakonischer Einrichtungen – darunter auch der VdDD als Arbeitgeber- und Unternehmensverband.
Anders als private Unternehmen zielen diakonische Einrichtungen und Dienste nicht auf Gewinn ab. Sie erfüllen gemeinnützige Zwecke, denen alle Überschüsse zugute kommen. Ein Satzungsziel diakonischer Träger ist beispielsweise die Förderung der Jugend- und Altenhilfe. Die Gemeinnützigkeit lässt sich häufig an der jeweiligen Rechtsform erkennen. So haben sich die einzelnen diakonischen Unternehmen beispielsweise als gemeinnützige Stiftungen, Vereine, GmbHs und Aktiengesellschaften organisiert.
Zwar zielen diakonische Einrichtungen der Sozial- und Gesundheitswirtschaft nicht auf Gewinn ab, dennoch sind auch sie unternehmerisch tätig. Sie investieren zum Beispiel in die Entwicklung neuer sozialer Leistungen – etwa in den Bau eines neuen Pflegeheims – und gehen damit wirtschaftliche Risiken ein. Sie müssen auf die Wirtschaftlichkeit ihrer Leistungen und Arbeitsprozesse achten, und dürfen keine Mittel verschwenden. Innerhalb der Sozialwirtschaft stehen sie im Wettbewerb zu anderen Anbietern. Wer zum Beispiel einen Platz in einem Pflegeheim sucht, kann sich frei zwischen verschiedenen Anbietern entscheiden.
Vor diesem Hintergrund lassen sich diakonische Einrichtungen gut mit dem Begriff des Sozialunternehmens beschreiben. Sozialunternehmen zeichnen sich dadurch aus, dass sie soziale oder auch ökologische Ziele mit unternehmerischen Mitteln verfolgen.
Im wirtschaftlichen Gesamtgefüge gehören diakonische Sozialunternehmen zum sogenannten Dritten Sektor zwischen Markt und Staat. Es handelt sich also weder um privatwirtschaftlich tätige noch um staatliche Organisationen.
Der Dritte Sektor umfasst in Deutschland ein breites Feld an nicht-staatlichen Organisationen, die nicht-gewinnorientiert arbeiten. Dazu zählen zum Beispiel auch Umweltschutzorganisationen, Genossenschaften oder Gewerkschaften. Im deutschen Sprachgebrauch wird der Dritte Sektor auch mit dem Nonprofit-Sektor gleichgesetzt. Charakteristisch für den Dritten Sektor ist der Gedanke der Solidarität und die oft enge Verbindung zum bürgerschaftlichen Engagement.
Der Dritte Sektor ist ein sehr weiter Begriff. Konkreter lassen sich diakonische Unternehmen als Teil der Freien Wohlfahrtspflege beschreiben.
Mit Wohlfahrtspflege sind alle Institutionen gemeint, die Not leidende und sozial gefährdete Menschen unterstützen. Zur Freien Wohlfahrtspflege gehören alle nicht-staatlichen, gemeinnützigen Träger.
Dazu zählen neben der Diakonie unter anderem ihr katholisches Pendant, die Caritas, das Deutsche Rote Kreuz (DRK), die Arbeiterwohlfahrt (AWO), der Paritätische Wohlfahrtsverband und die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland (ZWST). Manche dieser Träger sind wie die Diakonie religiös motiviert und konfessionell zugehörig, andere sind aus humanitären oder sozialpolitischen Überzeugungen heraus tätig.
Die sechs Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege haben sich zu einer gemeinsamen Arbeitsplattform zusammengeschlossen, nämlich zur „Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege“ (BAGFW). Gemeinsam vertreten sie bundesweit rund 120.000 Einrichtungen und Dienste mit etwa 2 Millionen hauptamtlichen Mitarbeitenden.
Der Staat ist gesetzlich verpflichtet, Menschen insbesondere in Notlagen zur Seite zu stehen, die sie selbst nicht bewältigen können. Er muß außerdem entsprechenden Notlagen vorbeugen. Hierfür wurden unter am anderem die Sozialversicherungen entwickelt, also etwa die Kranken- und Pflegeversicherung – aber auch Leistungen wie die Sozialhilfe und die Grundsicherung für Arbeitssuchende. Seine sozialen Aufgaben erfüllt der Staat aber nicht unbedingt selbst, sondern überträgt diese teilweise an gewerblich tätige Unternehmen und Akteure der Freien Wohlfahrtspflege, also zum Beispiel die Diakonie, die AWO oder die Caritas.
Subsidiaritätsprinzip
Dieses Zusammenspiel hat eine lange Tradition in Deutschland, die es so in vielen anderen Ländern nicht gibt. Die Kooperation mit nicht-staatlichen Akteuren ist gesetzlich verankert, und zwar zentral in den Sozialgesetzbüchern. Grundlegend ist das Subsidiaritätsprinzip. Das Prinzip setzt auf Selbstbestimmung und Selbstverantwortung. Im Sozial- und Gesundheitssektor folgt daraus: Das, was nicht-staatliche Organisationen wie die Diakonie leisten können, muss der Staat nicht selbst als Aufgabe erfüllen. Möglichst viele und breit aufgestellte gesellschaftliche Gruppen sollen zum Wohl der Gesellschaft tätig werden. Im Ergebnis können hilfebedürftige Menschen zwischen kulturell und religiös vielfältigen Angeboten wählen und sind nicht allein auf staatliche oder gewerbliche Dienste angewiesen (Wunsch- und Wahlrecht).
Diakonische Tätigkeiten wie die Armenspeisung oder die Krankenpflege waren schon immer charakteristisch für christliche Gemeinden.
Die Geschichte der modernen Diakonie beginnt im 19. Jahrhundert. In dieser Zeit führt die Industrialisierung zu technischen Revolutionen, aber auch zu großen soziale Verwerfungen. Menschen werden in der neuen Industriegesellschaft entwurzelt und an den Rand gedrängt. In Reaktion darauf rufen die Gründungsmütter und –väter der modernen Diakonie eigene Initiativen und Vereine ins Leben, die sich gezielt kümmern, etwa um Menschen mit Behinderungen, Kriegsversehrte, Waisenkinder, Arme und Kranke.
Ab 1848 organisieren sich die Initiativen im "Central-Ausschuss für die Innere Mission der Deutschen Evangelischen Kirche", der Vorläuferorganisation der heutigen Diakonie Deutschland. Den Impuls gibt der Theologe Johann Hinrich Wichern (1808-1881), der im selben Jahr in Hamburg die erste deutsche Stadtmission gegründet hatte. Wichern beschreibt die Motivation dahinter so: "Nur der kann sich der Not in ihrer ganzen Breite entgegenstellen, der den Mut hat zur ersten kleinen Tat."
Mehr zur Geschichte finden Sie auf der Webseite der Diakonie Deutschland.
Wie werden diakonische Dienste finanziert?
Die Finanzierung diakonischer Leistungen erfolgt prinzipiell aus vier verschiedenen Quellen ...
Leistungsentgelte machen die größte Finanzierungsquelle aus. Darüber werden bestimmte Leistungen finanziert, zum Beispiel eine Therapie in einer Reha-Einrichtung.
In den meisten Fällen übernehmen die Sozialversicherungen die Leistungsentgelte ganz oder teilweise. Zum Beispiel finanziert eine Krankenkasse die vollen Kosten einer Krankenhausbehandlung. In der stationären Pflege wird dagegen nur ein Teil des Leistungsentgelts über eine Sozialversicherung abgedeckt, in diesem Fall über die Pflegekasse. Der Rest ist von den Heimbewohnenden selbst aufzubringen (Eigenanteil), wobei sie das Sozialamt im Bedarfsfall unterstützt.
Die Sozialgesetzbücher (SGB) geben die Leitlinien für die Finanzierung über die Sozialversicherungen geben. Hier wird bestimmt, welche Leistungsansprüche bestehen. Welche Leistungen dann konkret und in welcher Höhe finanziert werden – zum Beispiel in der Kinder- und Jugendhilfe – ist in Leistungskatalogen und Gebührenordnungen geregelt. Das bedeutet: Die Diakonie kann die Preise für ihre Leistungen in der Regel nicht selbst bestimmen, diese sind in hohem Maße von der öffentlichen Hand abhängig.
Grundsatz der Wirtschaftlichkeit
Die Beziehung zwischen dem Leistungsträger (Beispiel Krankenkasse), dem Leistungserbringer (Beispiel Krankenhaus) und dem Leistungsempfänger (Beispiel Patientin) wird auch als sozialrechtliches Dreiecksverhältnis bezeichnet. Ein zentraler Grundsatz bei diesem Finanzierungsmodell ist das Gebot der Wirtschaftlichkeit. Wenn ein diakonischer Träger beispielsweise ein Krankenhaus betreibt und Behandlungen über die gesetzlichen Krankenkassen abrechnet, dann müssen diese Behandlungen so effektiv und kostengünstig erfolgen wie bei einem gewerblichen Anbieter. Die Leistungen dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten.
Die Evangelische Heimstiftung Stuttgart hat das Leistungsentgelt für einen Pflegeheimplatz beispielhaft aufgeschlüsselt.
Zunächst setzen sich die monatlichen Kosten für einen Platz (bei Pflegegrad 2) wie folgt zusammen:
- Pflegerische Versorgung: 2.700 Euro
(Aufwand für Grundpflege, Behandlungspflege und Betreuung, inklusive Personalkosten) - Unterkunft: 600 Euro
(Betriebskosten, wie z.B. Energiekosten, Wäsche und Reinigung) - Verpflegung: 480 Euro
(Lebensmittel und Speisenversorgung) - Ausbildungsumlage: 150 Euro
(Refinanzierung und Pflegeausbildung) - Investitionskosten: 750 Euro
(Refinanzierung von Bau/Miete und Instandhaltung der Einrichtung)
Gesamtkosten pro Pflegeplatz: 4.680 Euro
Das entsprechend anfallende Leistungsentgelt wird unterschiedlich refinanziert:
- Leistung der Pflegekasse: 770 Euro
für einen Pflegeplatz - Leistungszuschlag* der Pflegekasse: 312 Euro
in Abhängigkeit von Pflegegrad und Aufenthaltsdauer - Eigenanteil des Pflegebedürfigen: 3598 Euro
der von Bewohnerinnen und Bewohnern selbstzt zu bezahlen ist
Quelle: Kosten | Evangelische Heimstiftung
*Im Beispiel 15% auf Pflegerische Versorgung und Ausbildungsumlage, abzüglich der Leistung der Pflegekasse
Eine weitere Finanzierungsquelle sind öffentliche Zuwendungen. Hier übernehmen EU, Bund, Länder, Landkreise oder Kommunen zweckgebunden bestimmte Leistungen, zum Beispiel die Schwangerschaftskonflikt- und Schuldnerberatung.
Hier handelt es sich um zweckgebundene Fördergelder für bestimmte und befristete Aufgaben. Sie stammen zum Beispiel von Stiftungen und aus Lotterien wie der Glücksspirale. Ein Beispiel: Die Aktion Mensch will die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit und ohne Behinderung in der Gesellschaft ermöglichen, damit es normal ist, verschieden zu sein. Deshalb fördert sie Projekte der Diakonie, zum Beispiel ein Training für Menschen, die nach einem Schlaganfall eine Sprachstörung entwickelt haben.
Außerdem finanzieren diakonische Unternehmen ihre Arbeit aus Eigenmitteln. Dazu gehören zum Beispiel Spenden und Überschüsse. Diese Eigenmittel müssen nicht für etwas ganz bestimmtes ausgegeben werden, allerdings müssen sie dem gemeinnützigen Zweck des diakonischen Unternehmens zugute kommen. Mit Fremdmitteln sind zum Beispiel Kredite von Banken gemeint.