Analytics & Digital Data in der Notaufnahme
Die Digitalisierung wirkt nachhaltig auf die Art, wie wir leben, arbeiten und miteinander interagieren. Das gilt auch für den Alltag in diakonischen Unternehmen. Das Diakonissenkrankenhaus Leipzig geht schon jetzt seinen eigenen digitalen Weg und nutzt seit 2015 Data Mining in der Notaufnahme.
Einhergehend mit der Einführung eines standardisierten Verfahrens zur Ersteinschätzung von Patienten, dem sogenannten Manchester Triage Systems (MTS), begann man, bestimmte festgelegte Werte bei der Patientenaufnahme digital zu dokumentieren und routinemäßig teils automatisiert zu erfassen. „So haben wir die Voraussetzung geschaffen, auf einer digitalen Datenbasis Zusammenhänge zu erkennen und sichtbar machen zu können“, so der Leitende Oberarzt der Notaufnahme Dr. Robert Stöhr.
Denn beim Data Mining werden systematische, computergestützte Methoden angewendet, um in großen digitalen Datensätzen Muster, Trends oder Zusammenhänge zu erkennen. 110.000 Datensätze mit je rund 100 Parametern hat das diakonische Krankenhaus seit dem Start erfasst. Dazu gehören neben strukturellen Komponenten wie dem Einlieferungszeitpunkt und ob Patienten sich selbst oder per Notarzt eingewiesen wurden, auch Daten wie Atemfrequenz, Herzfrequenz, Schmerzstärke und Symptome der Patienten.
Bei der Ersteinschätzung des Patienten wird im Rahmen der Triage ein Leitsymptom vergeben wie z.B. Bauchschmerzen oder Schwindel. Dieses Symptom wird in der Systematik dann abhängig von der jeweiligen Schwere der Erkrankung oder Verletzung mit einer bestimmten Wartezeit bis zum Patient-Arzt-Kontakt verknüpft. Auf einem digitalen Armaturenbrett – dem Dashboard - werden die vorhandenen Daten visualisiert und liefern Erkenntnisse im Hinblick auf die Organisation der Notaufnahme. So kann retrospektiv überprüft werden, ob tatsächliche Wartezeiten mit der vorgegebenen Dauer in der Systematik übereinstimmen oder die bei der Triage erhobenen Daten prospektiv durch weitere Kompetenten erweitetet werden müssen. So wurde durch die bisherige Auswertung und Verknüpfung von taktischen Daten mit medizinischen Befunden deutlich, dass mit steigender Schwere der Krankheit, die Temperatur bis zu einem bestimmten Schwellenwert ansteigt. Sie jedoch bei Schockpatienten, die in der Regel mit höchster Dringlichkeit eingestuft werden, niedriger ist. „Als Konsequenz haben wir die Körpertemperatur als digitalen Datenwert in die Triage mit aufgenommen, um den betroffenen Patientinnen und Patienten ihrem Bedarf entsprechend unmittelbar zielgerichtet und passgenau zu helfen und dieses Kriterium als Prädiktor für eine hohe Fallschwere zu nutzen“, sagt Dr. Robert Stöhr.
Die digital gestützten, detaillierten Analysen ermöglichen ein Echtzeitmonitoring der Patientenflüsse in der Notaufnahme. So können im Rückbezug auf die anonymisierten Datensätze Aussagen getroffen werden, wann das Patientenaufkommen am größten ist. Die Wahrnehmung eines Zusammenhangs des Patientenaufkommens mit dem regulären Arbeitsbeginn gegen 8 Uhr morgens, einer abflachenden Tendenz zur Mittagszeit und einem erneuten Anstieg zum Feierabend, lässt sich durch das Data Mining nun auch mit Zahlen belegen. „Interessant ist, dass der Grad und die Schwere der Erkrankung hingegen eine andere Kurve aufzeigt. Schwere Notfälle treten zu jeder Tag- und Nachtzeit gleich wahrscheinlich auf. Dies liefert wichtige Erkenntnisse sowohl für die Ausstattung als auch Personalbesetzung und -planung in der Notfallambulanz“, betont Dr. Stöhr.
Die passende technische Ausstattung in der Notaufnahme ist eine zwingende Voraussetzung, um die für das Data Mining benötigten Werte entsprechend zu erfassen. Ein Patient wechselt in der Notaufnahme immer wieder den Ort und hat von der Ersteinschätzung über verschiedene Warte- und Diagnostikbereiche bis zur Aufnahme auf Station Kontakt mit bis zu 7 Personen und Behandlungsplätzen. In jedem Bereich steht daher den pflegerischen und ärztlichen Mitarbeitenden ein entsprechend ausgerüsteter Computer zur Verfügung, um die Dokumentation zu jeder Zeit patientennah sicherzustellen.
Auch das hema Datenschutz spielt eine zentrale Rolle. „Daten, die im Dashboard sichtbar werden, sind stets anonymisiert. Ziel ist hier, die großen Zusammenhänge, Abläufe und Prozesse abzubilden. Auch werden Mitarbeitende nicht durch das System bewertet.“ Das Data Mining unterstützt die kontinuierliche Qualitätsprüfung im Krankenhaus und ermöglicht es, Prozesse und Abläufe sichtbar zu machen. „Zuwendung und Vertrauen – zentrale Leitlinien unserer Arbeit – werden durch eine qualitative Versorgung gestärkt. Mit den Datenauswertungen können wir noch gezielter Verantwortung übernehmen und auf die Bedürfnisse unserer Patientinnen und Patienten eingehen. Die Chancen der Digitalisierung nutzen wir so für das Wohl der uns anvertrauten Menschen“, so der Facharzt für Chirurgie, Anästhesiologie und Notfallmedizin im Diakonissenkrankenhaus Leipzig.
Das Evangelische Diakonissenkrankenhaus Leipzig ist ein sächsisches Krankenhaus der Grund- und Regelversorgung mit einer Kapazität von 250 Betten. Pro Jahr werden hier über 14.000 Patienten stationär und rund 25.000 Patienten ambulant behandelt. Zum Leistungsspektrum des evangelischen Krankenhauses gehören sieben Fachkliniken mit den Schwerpunkten Allgemein- und Viszeralchirurgie, Unfallchirurgie und Orthopädie, Gefäßchirurgie, Pneumologie, Gastroenterologie und Onkologie, Kardiologie und Geriatrie sowie Anästhesie, Intensivmedizin und Schmerztherapie. Im Haus sind zudem zahlreiche zertifizierte Behandlungszentren sowie mehrere Belegkliniken angesiedelt.
Das nach DIN EN ISO 9001:2015 zertifizierte Diakonissenkrankenhaus Leipzig ist Akademisches Lehrkrankenhaus der Universität Leipzig. Es betreibt eine Berufsfachschule für Gesundheits- und Krankenpflege und ist Mitglied im Traumanetzwerk Westsachsen.
Das Leipziger Diakonissenkrankenhaus ist ein Unternehmen im Verbund der edia.con gemeinnützige GmbH, zu der neben konfessionellen Krankenhäusern und Medizinischen Versorgungszentren auch Altenpflegeeinrichtungen, ein Hospiz und weitere soziale Einrichtungen in Sachsen und Sachsen-Anhalt gehören.
Weitere Informationen finden Sie auf der Webseite des Ev. Diakonissenkrankenhauses Leipzig.
Fotos: Kay Zimmermann.