Die Diskussion um die Rente droht die Generationen zu spalten. Dabei verbindet sie mehr als sie trennt, meint Gen Z-Experte Paul von Preußen.

Fürs Klima geht meine Generation auf die Straße. Für die eigene Rente? Fehlanzeige. Dabei gäbe es genügend Anlass: Laut dem im Mai im Kabinett verabschiedeten Gesetz sollen ab 2035 die Rentenbeiträge von 18,6 Prozent auf 22,3 Prozent steigen. Wer sagt, das Rentenpaket sei vor allem ein politisches Geschenk an die über 60-Jährigen, liegt sicher nicht falsch. Denn dass das Rentenniveau nicht, wie ursprünglich geplant, gesenkt wird, sondern mindestens bis 2039 auf 48 Prozent gehalten werden soll, bedeutet vor allem eines: Diese Reform wird für die jungen Menschen richtig teuer. Menschen, die ihr ganzes Leben gearbeitet haben, verdienen einen sicheren Lebensabend.

Aber: Die Jüngeren sollen das Scheitern des Generationenvertrags allein tragen und immer höhere Beiträge entrichten, am Ende aber wohl verhältnismäßig weniger rausbekommen? Verständlich, dass das als ungerecht bezeichnet wird. In meinen Gesprächen mit jungen Menschen wird deutlich: Die Wenigsten rechnen ernsthaft damit, einmal eine Rente zu erhalten. Der Boom von Investmentplattformen wie Trade Republic und Co. ist nur ein Symptom der Einsicht: Ohne Privatvorsorge läuft gar nichts. Frei nach dem Motto: Wenn jeder an sich selbst denkt, ist an alle gedacht. Und wer nicht einmal an sich selbst denken kann, hat am Ende Pech. Das nenne ich Desillusion.

Was in der Familie funktioniert ...

Dabei müsste es so nicht sein. Ich bin 28 Jahre alt. Tagtäglich setze ich mich für den Dialog zwischen den Generationen ein. Mit unserer Organisation Digital8 bringen wir erfahrene Führungskräfte mit jungen Persönlichkeiten zusammen, um Herausforderungen der Unternehmen gemeinsam zu lösen. Für die teilnehmenden Konzern-Manager ist es das Normalste der Welt, sich mit der jungen Generation auszutauschen. Und voneinander zu lernen. Sie erleben: Unabhängig vom Alter sind wir gar nicht so unterschiedlich. Unsere Werte sind meist dieselben. Jeder Gast eines Familienfestes kann bestätigen: Uns verbindet mehrals uns trennt. Erst wenn man die Zwiebel des medial so oft beschworenen Generationenkonflikts schält, merkt man, dass sie keinen Kern hat. Mit einem kurzen Artikel lässt sich die Rentensituation nicht lösen. Wohl aber im gemeinsamen Gespräch. Generationenübergreifend. Auf Augenhöhe. Schließlich ist meine Generation die Zukunft – und die erfahrene Generation das Fundament.

So wird es auch in 100 und 1.000 Jahren noch sein. Der Gedanke eines Generationenvertrags ist sympathisch: Was in der Familie funktioniert, funktioniert auch in der Gesellschaft. Schwierig wird es in Familien immer dann, wenn ein Ungleichgewicht entsteht. Das lässt sich am besten lösen am gemeinsamen Abendbrottisch. Daher: Wir brauchen eine Neuverhandlung des Generationenvertrags, der alle Interessen im Blick behält.

Zum Autor

Paul von Preußen wurde mit 25 Jahren Vorstandsreferent einer deutschen Großbank.
Der Nachfahre des letzten deutschen Kaisers gründete Digital8 – eine Plattform, die Digital Natives mit Führungskräften zusammenbringt.


VdDD-Magazin "diakonie unternehmen"

Mehr zum Thema "Generationengerechtigkeit - Wie schaffen wir das Gleichgewicht?" finden Sie im VdDD-Mitgliedermagazin "diakonie unternehmen" 2/24, das VdDD-Mitgliedern kostenfrei zur Verfügung steht.