"Hospiz ist nicht gleich Hospiz" - Tag der Kinderhospizarbeit
René Meistrell, Leiter des Kinder- und Jugendhospiz Bethel, richtet am Tag der Kinderhospizarbeit den Blick auf die Herausforderungen in der Pandemie, den Fachkräftemangel und appelliert insbesondere an junge Menschen, sich ehrenamtlich im Hospizdienst zu engagieren.René Meistrell, Leiter des Kinder- und Jugendhospiz Bethel, richtet am Tag der Kinderhospizarbeit den Blick auf die Herausforderungen in der Pandemie, den Fachkräftemangel und appelliert insbesondere an junge Menschen, sich ehrenamtlich im Hospizdienst zu engagieren.
Herr Meistrell, sie arbeiten seit Gründung des Kinder- und Jugendhospizes Bethel vor zehn Jahren in der Einrichtung. Wie unterscheidet sich der Auftrag eines Kinderhospizes von dem eines Erwachsenenhospizes?
Die Kinderhospizarbeit hat ihren Fokus auf Familienbegleitung und -entlastung. Sie greift viel früher als der Ansatz der Erwachsenenhospizarbeit. Wenn ein Kind eine lebensverkürzende Diagnose erhält, hat es Anrecht auf eine Betreuung im Kinderhospiz. Wir nehmen Eltern und Geschwisterkinder manchmal sogar Großeltern zusammen mit den betroffenen Kindern und Jugendlichen in unsere Einrichtung auf.
Wie geht es dann weiter?
Das Kinder- und Jugendhospiz Bethel dient vor allem der Erholung für die gesamte Familie. Wir schauen, was die erkrankten Kinder und ihre Angehörigen wirklich brauchen, damit Ruhe und Entspannung im Fokus stehen. Manche Kinder erholen sich dann sogar bei uns. Solche Kinder kehren dann wieder zurück nach Hause. Jedoch ändert das nichts an der lebensverkürzenden Diagnose.
Wie sind die Kinder- und Jugendlichen in Ihrer Einrichtung bisher durch die Pandemie gekommen?
Die finanzielle Unterstützung durch den Rettungsschirm der Bundesregierung hat uns entlastet. Doch stellt uns die Gesamtsituation natürlich weiterhin vor große Herausforderungen. Eine Zeit lang konnten wir keine Geschwister mit in die Einrichtung aufnehmen. Das war glücklicherweise nur eine kurze Phase. Denn gerade in der Pandemie wollten viele Familien zu uns kommen, um gemeinsam das erkrankte Kind zu begleiten. In den Krankenhäusern waren die Familien oft mit der Entscheidung konfrontiert, dass nur ein Elternteil stationär mitaufgenommen oder sogar eins nur besuchen durfte. Wir sind stets kreativ und schauen, was wir unter den geltenden Auflagen umsetzen können. Unser Hygienekonzept und die damit verbundenen Regelungen leben wir sehr streng aus. Die Einrichtung offen zu halten und dabei so viel Normalität wie möglich zu gewährleisten, ist aber unser größtes Ziel.
Was heißt das konkret im Arbeitsalltag?
Vor der Pandemie haben alle Familien und ihre Kinder an einer langen gemeinsamen Tafel ihre Mahlzeiten eingenommen. Hier war Platz für Austausch und Gespräche. Was früher an einer Tafel stattfand, ist jetzt an Gruppentischen organisiert. So sind unter Abstandsgeboten dennoch die so wichtigen Gespräche untereinander möglich. In Pandemiezeiten haben wir zudem unsere baulichen Gegebenheiten im Kinder- und Jugendhospiz Bethel zusätzlich schätzen gelernt. Jedes Zimmer kann durch große Türen über eine Terrasse betreten werden, ursprünglich ein Gedanke der Inklusion, um etwa Betten hinauszuschieben. Dies half aber auch Besuche unter Pandemiebedingungen zu ermöglichen.
Wie kann man ihre Arbeit neben Spenden vor Ort unterstützen?
Ehrenamtliches Engagement ist in der Hospizarbeit ein wichtiges Element. Wir freuen uns insbesondere über das Engagement junger Menschen. Da sich die Kinder und Jugendlichen so sehr nach Kontakten zu Menschen, die ihrem Alter näher sind sehnen. Gerade für die Arbeit mit den gesunden Geschwistern ist das außerdem sehr spannend. Keiner wird bei der ehrenamtlichen Tätigkeit ins kalte Wasser geworfen. Der Hospiz e.V., Bethel unterstützt bei der Vorbereitung und Ausbildung für das Ehrenamt und hilft Erwartungen zu klären.
Was wünschen Sie sich zum Tag des Kinderhospizes?
Auch wir kämpfen mit den Herausforderungen eines wachsenden Personalmangels. Insgesamt werden die Angebotsstrukturen dadurch schlechter. Aufgrund der hohen Nachfrage können wir nicht allen Familien, die eigentlich bei uns Unterstützung suchen, helfen. Es gilt, den Nachwuchs im Hilfefeld zu fördern und für pflegerische wie soziale Arbeit zu werben. Hier geht es auch um Aufklärung. Hospiz ist nicht gleich Hospiz. Es ist eben nicht nur ein Sterbeort für Kinder, vielmehr zelebrieren wir das Leben. Wir schaffen eine schöne Zeit für die Familien, die bei uns sind. Jeden Tag tun die Menschen, die im Hospiz arbeiten etwas für andere Menschen – eine wirklich sinnvolle Tätigkeit.
Zur Person
René Meistrell ist seit 10 Jahren im Kinder- und Jugendhospiz Bethel in Bielefeld tätig. Seit 2 Jahren hat der Diplom-Pädagoge die Einrichtungsleitung inne.